Differenzierung der Fragestellung
Als E-Fahrzeugfahrer wird man immer als erstes nach der Reichweite gefragt. Davon abgesehen, dass die Frage extrem nervig ist, ist sie falsch gestellt.
Die Frage muss lauten: “Was ist eigentlich eine notwendige Reichweite?”
Wozu braucht man eine Reichweite von beispielsweise 1000km? Wenn man das genau betrachtet, bedeutet das bei einem Verbrenner möglichst selten tanken und damit wenig Zeit dafür verschwenden. Anders ausgedrückt nur einmal im Monat tanken oder nur einmal auf einer Reise.
Ein Elektroauto kann (bei entsprechender Infrastruktur) jeden Morgen geladen sein. Das bedeutet, es muss der täglich Bedarf abzudecken sein. Für Langstreckenfahrten bedeutet es, es muss eine Strecke von “2-2,5 Stunden”, also eine Fahrtzeit nach der man eine Pause einlegen sollte, abzudecken sein und der nächste Abschnitt muss in einer Pausenzeit nachzuladen sein.
In Praxis heisst das ca. 200km Reichweite reichen für die meisten Anwendungsfälle aus. Es gibt natürlich auch Fälle, in denen es angenehm ist, die doppelte Reichweite zu haben, aber notwendig ist das nicht.
Welche Kapazität wird benötigt?
Je nach Fahrzeuggröße, Fahrweise und Jahreszeit, werden etwa 15-23kWh für 100km benötigt. Bei 200km bedeutet dies eine Akkukapazität von 30-45kWh. Aber das reicht nicht, denn aus Akkuerhaltungsgründen sollte ein Akku möglichst nur selten auf 100% geladen werden. Auch sollte ein Akku nicht vollständig entladen werden, auch wenn das bei Autoakkus nicht so kritisch ist, wie bei einem Telefonakku. Optimal ist die Nutzung des Akkus zwischen 20 und 80 Prozent. Also kommen wir auf einen Wert von 50 – 75kWh. In der Praxis kann man den Akku auch zwischen 10 und 90% bewegen. Damit kommt man über 300km weit, was auch in besonderen Fällen ausreicht.
Warum ist ein sehr großer Akku in der Regel nicht erstrebenswert?
Wenn wir einen Akku mit 200kWh betrachten, wie er zum Beispiel im Tesla Roadster 2 verbaut sein soll, so bedeutet dies, dass man 1000km am Stück fahren könnte. Aber wer fährt diese am Stück? Andererseits hat das Fahrzeug sehr viel Leistung. Wenn man die abruft, reduziert sich die Reichweite, vermutlich auf die Hälfte. Auch 500km wird man kaum mit 250km/h an einem Stück fahren können. Auf der anderen Seite hat ein E-Auto den Vorteil, dass man es zuhause laden kann (Steckdose vorausgesetzt). Diese wird in der Regel maximal 11kW zur Verfügung stellen. Das bedeutet, dass man einen ganzen Tag zum Nachladen benötigt. Ist das praxisrelevant? Außerdem bedeutet ein großer Akku immer ein höheres Gewicht und damit höherer Verbrauch, auch wenn sich dies im Laufe der Jahre verbessern wird.
Wenn man davon ausgeht, dass man zukünftig überall mit ca. 3kW laden kann, kann man in der Regel 60kW pro Tag nachladen, ohne dass man eine spezielle Schnellladestation aufsuchen muss. Das reicht für die meisten Menschen völlig aus.
Fazit
- Ein Akku in der Größenordnung 50-70kWh ist für 90% der Autofahrer mehr als ausreichend.
- 100kWh sind bequem und praktisch. Auch für Vielfahrer völlig ausreichend. Sie können auch zuhause innerhalb von 10 Stunden nachgeladen werden.
- Mehr Akku braucht es nicht, außer für Sportwagen oder Lastenfahrzeuge.
- Es braucht Infrastruktur, so dass parkende Fahrzeuge überall mit 3kW nachgeladen werden können. Ein schnelleres Nachladen ist nur auf Langstrecken notwendig.
- Bei der richtigen Infrastruktur braucht man keine Zeit zum Laden für die täglichen Fahrten (die Zeit für die Tankstelle wird eingespart).